11.04.2013

Der Reiz der Anti-Illusion 2 — Maßstabsvielfalt

Die Illusion eines realistischen Bildraumes kann man dadurch erzeugen, dass man Figuren und Objekte im Vordergrund größer malt als im Hintergrund. Kinder aber zeichnen das Wichtigste zuerst – und groß – und richten sich dann nach dem noch vorhanden Platz.

In meiner simulierten Kinderzeichnung ist das Mädchen im Verhältnis zu Baum und Haus natürlich viel zu groß.  Wie soll man das Bild also verstehen? Ist das Mädchen eine Riesin? Oder wurden in der Zeichnung einfach verschiedene Maßstäbe gleichzeitig umgesetzt?










Die gleichzeitige Anwendung verschiedener Maßstäbe macht Bilder ambivalent, rätselhaft und interessant.

Die geschrumpften Tiere im Vordergrund dieser indischen Malerei beispielsweise geben der Darstellung eine eigenartige Poesie. Sie lenken nicht von der Figurengruppe – dem  Hauptgegenstand des Bildes – ab, eben weil sie so klein dargestellt sind. Und weil sie so klein sind, können sie ganz ungestört ihr eigenes kleines Miniaturschauspiel aufführen.



Ein ganz anderes Beispiel aus unserer Zeit: Eine Installation des Künstlerduos Fischli und Weiss. Man sieht ein verkleinertes Haus, das im Kontext der umliegenden Häuser aufgestellt ist. Es scheint an einem passenden Ort zu stehen, passt aber trotzdem nicht und gibt den vorbeigehenden Passanten kurzzeitig das Gefühl Riesen zu sein.



Das dritte Beispiel gefällt mir besonders gut. Es stammt von der britischen Künstlerin Anna Pugh. Verglichen mit der indischen Malerei ist das Verhältnis von Mensch und Tier hier genau umgekehrt: 

Das Huhn ist der Star!


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