28.03.2015

Mäuseabenteuer 7 — Leseprobe



"Biola und das Geheimnis der alten Mühle" ist erschienen. Wer das Buch bei mir bestellt, der bekommt eine Widmung und eine kleine Zeichnung. Hier links kann man sich eine aussuchen...

Was muss man tun? Eine Email an Mail(at)TheesCarstens.de schreiben,
Motiv(e) und Name(n) für die Widmung(en) wünschen, Stückzahl und die Empfängeradresse nennen. Das Buch kostet 12,95 Euro und ist versandkostenfrei. 

Wer schon mal in die Geschichte hineinlesen möchte kann das hier tun.

LESEPROBE

Biola und Ched sind zwei junge Mäuse und Freunde. Sie wohnen mit fünf Mäusefamilien in einem schlossartigen, alten Vogelbauer im obersten Stock einer alten Windmühle. 

Alles wäre gut, wenn unter der Mühle nicht die Ratten leben würden. Die Mäuse haben Angst vor ihnen und gehen ihnen aus dem Weg. Und Biolas Großvater Mascarpone wird nicht müde den Alleinanspruch der Mäuse auf die Mühle zu predigen. Und damit auch die Feindschaft mit den Ratten. Eines abends wollen Biola und Ched einen verbotenen Ausflug in den Gemüsegarten des Müllers machen...


„Hörst du das?“, fragte Ched. „Ja“, flüsterte Biola, als sie sich fast ohne ein Geräusch zu machen durch die verbogenen Stäbe der Drahtkuppel aus dem Mäuseschloss gestohlen hatten. „Das sind die Ratten.“
Biola und Ched lauschten in die düstere Mühle hinunter. Es war zu dunkel, um etwas zu erkennen. Aber man hörte die Ratten in der Finsternis - ihr Rascheln und Schaben, nagende Zähne, geheimnisvolles Flüstern. Schleifgeräusche. Knabbern und Schmatzen. Und das vielfache Kratzen von scharfen Krallen auf den Holzdielen.
„Da können wir unmöglich durchgehen“, flüsterte Ched. „Das sind so viele... Das sind mindestens... Ich weiß nicht... Die werden uns... Aber wir haben ja keine Angst... Oder? Oder doch?“
„Wir gehen nicht durch die Mühle“, grinste Biola und fing an, auf einen Dachbalken zu klettern. Ched folgte ihr neugierig.
„Und wie kommen wir dann in den Gemüsegarten?“ „Hiermit!“ Biola war direkt unter dem Dach angekommen und zog ein Stück Stoff aus einer Ritze zwischen zwei Balken. Dann zwängte sie sich zwischen zwei Kupferplatten durch, mit denen das Dach gedeckt war. Ched folgte ihr ins Freie – und staunte. Über ihnen spannte sich ein beeindruckender Sternenhimmel, von den Feldern im Osten bis hinüber zum Haus des Müllers und dem dahinter liegenden Wald auf der anderen Seite der Mühle. Überall leuchteten Sterne. Es war ein so majestätischer Anblick, dass Ched einen Moment vergaß zu atmen. Als er sich schließlich nach Biola umsah, hielt sie ihm eine Schnur entgegen.
„Wir müssen uns aneinander knoten“, sagte sie und legte Ched das Band um die Brust. Nachdem sie es mehrfach verknotet hatte, hob sie den Stoff auf, den sie aus der Mühle mitgebracht hatte. Er war mit mehreren Schnüren an dem Band befestigt, das Biola und Ched umfasste. „Und jetzt laufen wir!“, rief sie und rannte das Dach hinunter auf die Dachkante zu. Ched, den sie gerade an sich festgebunden hatte, musste mitlaufen.
„Was machst du?“, schrie er. „Wir fallen vom Dach! Wir fallen vom Dach!“
„Ja, genau“, rief Biola ausgelassen. „Mal sehen, ob es funktioniert!“
„Was??! Ob was funktio...“
In diesem Moment sprang Biola in den Abgrund, warf den Stoff, den sie in den Händen gehalten hatte, in die Luft und umklammerte Ched.
„Biola!“, kreischte Ched in Todesangst, aber im nächsten Augenblick geschah etwas Unerwartetes. Der Stoff, den Biola in die Luft geworfen hatte, faltete sich mit einem flappenden Geräusch auf und bremste ihren Sturz. Sie hingen an einem Fallschirm.

Die Nacht war nicht nur sternenklar, sondern auch mondhell. Im Hinabschweben sah Ched den Hof, das Haus, die Mühle, die Wiese und den Gemüsegarten. Er sah die ganze Welt! Nein, er konnte sogar über die Grenzen der Welt hinaussehen. Hinter dem Wald schien es eine Anhöhe zu geben. Und dahinter einen ZWEITEN Wald. Alles war klein und tief unter ihnen, aber es kam näher. Immer näher!
„Kann dieses Ding auch landen?“, fragte Ched vorsichtig.
„Zwangsläufig!“, rief Biola. Sie fielen ziemlich schnell und inzwischen wurde die Sache sogar Biola ein wenig unheimlich.
Aber Ched und Biola hatten Glück. Ihr schwindelerregender, viele Meter tiefer Fall wurde von einem Lavendelstrauch gebremst. Nur ein paar Zentimeter weiter wären sie von den Dornen einer Rosenstaude empfangen worden. Biola nahm sich vor, über eine Möglichkeit der Steuerung ihres Fallschirms nachzudenken, als sie sich aus dem Lavendel befreiten.
„Du duftest gut!“, sagte sie zu Ched mit einem Lächeln. „Nach Lavendel!“
„Wir duften beide!“, antwortete Ched und lachte. Sie falteten den Fallschirm zusammen und versteckten ihn in dem Lavendelstrauch. Dann schlichen sie im Schatten der Rosen hinüber zur Mauer, die den Gemüsegarten umgab.

Es war eine vollkommene Nacht. Die Luft war abgekühlt, aber noch warm genug, um sich wohl zu fühlen. Über Ched und Biola funkelten die Lichter der Milchstraße und der Mond tauchte den Gemüsegarten in sein blasses Licht. Hier im Garten gab es so gutes Essen – und alles wartete nur darauf angeknabbert zu werden. Aber wo sollte man anfangen? Ched und Biola begannen mit den Erdbeeren und probierten anschließend einige junge Karotten. Danach widmeten sie sich ausgiebig dem Salat und naschten auch noch ein wenig an der Petersilie. Zum Abschluss fanden sie zwei Kirschen, die ein Vogel im angrenzenden Obstgarten abgerupft und über dem Gemüsegarten verloren hatte. Biola und Ched waren hingerissen und berauscht von den vielen Gerüchen im Gemüsegarten. Das war wirklich mal etwas anderes als immer nur an Körnern zu knabbern. Als sie satt waren, machten sie es sich an den Feldsteinen der Gartenmauer im Schutz eines Johannisbeerstrauches bequem. Ched seufzte zufrieden.

„Das ist die schönste Nacht meines Lebens“, murmelte er glücklich und lehnte sich lächelnd an Biola. Biola legte ihren Kopf auf Cheds Schulter. Das fühlte sich gut an.
„Ja“, flüsterte sie. „Das ist wirklich eine schöne Nacht. Zusammen mit dir.“
Ched und Biola betrachteten die Sterne, die durch die Blätter des Johannisbeerstrauches blinkten.
„Ich liebe den Gemüsegarten!“, sagte Biola. „Man müsste viel öfter hierher kommen.“
„Das stimmt“, antwortete Ched. „Warum führt uns dein Großvater eigentlich nie hierher? Immerhin ist er unser Chef und sollte für uns sorgen!“
„Er hat sicher Angst vor Remus, dem Mühlenkater. Er will uns nicht in Gefahr bringen.“
„An Remus habe ich heute noch gar nicht gedacht“, murmelte Ched. „Hast du ihn gesehen?“
„Als wir bei den Karotten waren, lief er da drüben auf der Gartenmauer entlang.“
„Warum hast du mich nicht gewarnt?“
„Weil er uns nicht bemerkt hat. Wenn er uns entdeckt hätte, dann hätte ich dich gewarnt. Übrigens“, fuhr sie fort, „ich wollte dir noch etwas erzählen. Etwas von gestern. Am Nachmittag kam mein Großvater zu spät zum Körnerknabbern.“
„Das passt gar nicht zu ihm“, sagte Ched.
„Genau“, meinte Biola. „Und als ich ihn gesucht habe, fand ich ihn in einem Schuh unten am Gerüm- pelberg. Allein. Dann kam er heraus – ohne mich zu bemerken. Ich habe mich gefragt, was er in dem Schuh gemacht hat.“
„Und dann?“
„Ich bin in den Schuh hineingegangen. Aber darin lag nur eine Streichholzschachtel.“
„Und?“, fragte Ched gespannt. „Und was?“ Biola verstand nicht was er meinte. „Was war in der Streichholzschachtel?“ Biola war verblüfft. Wieso hatte sie nicht nachgesehen?
„Du hast sie NICHT geöffnet?“, fragte Ched. „Ich hatte etwas Ungewöhnliches erwartet. Etwas Be-
sonderes! Etwas anderes als eine Streichholzschachtel!“ Ched stöhnte. 
„Biola!“, sagte er. „Warum... egal! Naja... Morgen müssen wir jedenfalls nachsehen, was in dieser
Schachtel ist! Sonst kann ich keine Nacht mehr schlafen.“

Biola ärgerte sich über sich selbst. Warum war sie nicht auf die Idee gekommen, die Schachtel zu öffnen.
„Wir sehen hinein, wenn Großvater morgen Nachmittag die Orden verleiht. Dann ist er beschäftigt und wird uns nicht erwischen“, schlug sie vor.
„Das ist gut“, meinte Ched, und nach einer Pause bemerkte er nachdenklich: „Wenn dein Großvater die Streichholzschachtel versteckt, dann muss etwas sehr Wichtiges darin sein! Hattest du denn Angst nachzusehen?“
„Nein“, protestierte Biola. „Natürlich nicht. Ich habe einfach vergessen nachzuschauen. Ich habe nie Angst!“
„Ach ja?“, fragte Ched lächelnd. „Du fürchtest dich nie?“
Biola überlegte. Sie war oft wagemutig. Vielleicht sogar leichtsinnig. Insofern konnte man tatsächlich annehmen, dass sie keine Furcht kannte. Aber es gab natürlich auch bestimmte Ereignisse, vor denen sie Angst hatte. So wie jeder andere auch!
„Vor Streit in der Familie habe ich Angst“, sagte sie. „Davor, dass Ini etwas passiert. Oder meinen Eltern oder dir. Und früher vor Gewitter. Manchmal vor der dunklen Mühle. Und vor den Ratten natürlich.“
„Vor den Ratten haben alle Angst“, entgegnete Ched, „meine Familie auch.“
„Großvater sagt ständig, dass die Ratten unsere Feinde sind.“
„Was sonst? Sie stehlen unser Korn!“
„Mama und Papa sagen, es sei genug Korn für alle in der Mühle. Aber mein Onkel meint, alle Ratten sollten getötet werden. Weißt du, was ich heute Nacht geträumt habe?“
„Was denn?“
„Ich war auf dem Steinboden bei den Mühlsteinen. Er stand voller Getreidesäcke. Aber es war heller Tag. Und dann war da eine kleine Maus, die hat gesagt, dass alles auf dem Steinboden uns gehört.“
„Uns beiden?“
„Nein. Uns! Uns allen! Uns Mäusen und auch den Ratten! Es war ein ganz eigenartiger Traum. Plötzlich war meine Familie auch da und mein Großvater begann wieder auf die Ratten zu schimpfen.“
„Typisch! So ist dein Großvater!“, bemerkte Ched.
„Aber die graue Maus schien keine Angst vor den Ratten zu haben“, fuhr Biola fort, „sie meinte, wir sollten Freundschaft mit ihnen schließen. Denn dann wäre es leichter, mit ihnen das Korn zu teilen.“
„Teilen? Mit den Ratten? Was für ein Schwachsinn!“, rief Ched. Plötzlich aber hörten er und Biola eine Stimme hinter sich: „Warum nicht?“

Sie drehten sich erschrocken um und Biola stieß ein kurzes Quieken aus. Auf der Mauer saß eine alte, graue und sehr unscheinbare Maus und winkte ihnen zu. Sie kam zu ihnen heruntergeklettert.
„Die Maus! Das ist doch die Maus aus meinem Traum!“, flüsterte Biola...

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