27.03.2013

Tolkien-Bildervergleich: Rivendell



































J.R.R Tolkien zeichnete eine ganze Reihe von Bildern zu seinen Romanen Der Hobbit und Der Herr der Ringe. Warum er sie nicht nur als schnelle Arbeitsskizzen und Merkhilfen, sondern auch als ausführliche Aquarelle gemalt hat, ist mir nicht ganz klar. Vielleicht hatte er tatsächlich an eine Veröffentlichung gedacht. Vielleicht hat er sie aber auch "nur" als Teil der Kultursimulation verstanden, so wie die erfundene Elbensprache, die er für seine Mittelerde-Welt entwickelte. Als (simulierte) Kunstwerke aus einer anderen Welt.

Auffällig ist jedenfalls, dass seine Bilder nicht illusionistisch, sondern sehr stilisiert ausgeführt sind. Das Aquarell von Rivendell oder deutsch Bruchtal hat den Charakter eines Wandteppiches. Während die Birke und die Blumen im Vordergrund direkt von der Seite gezeigt noch Teil des Rahmenornamentes zu sein scheinen, ist der Rest ein Patchworkteppich aus kleinen, aneinander gefügten Farbflicken.

Die allermeisten heutigen Illustratoren finden Tolkiens Zeichnungen wohl etwas zu amateurhaft und unbefriedigend. Die Vergleiche, die ich hier in den nächsten Tagen vorstellen will, zeigen alle die möglichst realistische Illusion einer real existierenden Welt: Mittelerde. Als wollte man Tolkiens Bilder korrigieren, hat man sogar ähnliche Bildausschnitte oder Kompositionen gewählt. Im Fall des Bruchtal-Bildes ist das besonders deutlich.



Das Gemälde von Ted Naismith zeigt Tolkiens Bild als realistische Illusion. Gewissermaßen in "verbesserter" Form, professioneller und wirklichkeitsgetreuer umgesetzt. Ironisch gesagt: Man kann ja von einem guten Autor auch nicht erwarten, dass er auch noch gut malen kann.

Interessanterweise fehlt die ornamentale Birke im Vordergrund, als hätte Naismith erkannt, dass sie nicht unbedingt zum Bild dazu gehört, sondern Teil eines Rahmenornamentes ist. Vorsichtshalber hat er sie dann lieber weggelassen.

Auch wenn Naismiths Bild realistischer wirkt und sicher gut gemalt ist, finde ich, das Tolkiens Aquarell noch einen Schritt über diese Darstellung hinausgeht. Tolkiens Bild ist wie ein Entwurf für einen Wandteppich, der in Rivendell an der Wand hängt. Ein Bild, das selbst aus der Kultur stammt, deren Welt es darstellt. Also nicht bloß eine Vorstellung eines Menschen aus unserer Welt, der sich überlegt hat, wie Rivendell wohl aussehen mag und dabei, vielleicht aus Respekt, den Vorstellungen des Autors Tolkien gefolgt ist, sondern ein Objekt, das aus der anderen Welt zu uns gekommen ist.

Die Zwillingsbrüder und Illustratoren Greg und Tim Hildebrandt hatten in den Siebziger Jahren keine Skrupel, sich weit von Tolkiens visueller Vorlage zu entfernen. Vermutlich kannten sie sie gar nicht.






























Ihre Version von Elronds Haus in Bruchtal folgt einer völlig anderen, einige Jahrzehnte älteren Vorlage aus dem Jahr 1937.





























Hier sehen wir die Elbendame Arwen im fröhlichen Reigen mit Gimli und seinen Zwergenkumpels vor der malerischen Kulissen von Elronds Haus.

Viele weitere Rivendell-Versionen findet man hier.

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